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2006 Bücher

Das hier hat mal angefangen als mein Versuch, das schon damals etwas morsche Stöckchen Was liegt halbgelesen rum?' aufzunehmen, lag dann aber lange halbgeschrieben rum. Jetzt mach ich daraus einfach, mit Ergänzungen und Streichungen, so eine Was habe ich 2006 gelesen?' Liste, wie sie in der Nachbarschaft jetzt ein paar Mal zu finden war.

Also, hier sind meine nicht-mit-der-Arbeit-zu-tun-habenden Bücher aus 2006.

  • Yukio Mishima, The Sound of Waves.

    Im Mai in Tokio gekauft (Kinokuniya in Shinjuku). Warum japanische Bücher (von denen noch mehr kommen werden) auf Englisch? Zum einen aus technischen Gründen: die Auswahl ist einfach besser, es wird mehr übersetzt. Inhaltliche Gründe gibt es aber auch, bilde ich mir ein: was ich von Kawabata z.B. auf Deutsch gelesen habe, fand ich schrecklich und falsch exotisierend. Das mag daran liegen, dass ich im Englischen Fremdheit gegenüber toleranter bin, aber vielleicht doch auch an Qualitätsunterschieden. An house of the sleeping beauties habe ich den Test gemacht, und da wirkt die deutsche Übersetzung wie aus dem Proseminar gefallen, gegen Seidenstickers elegante Übersetzung.

    Ach so, zum Buch. Ganz OK, aber schon ordentlich tümelnd. Und mit etwas vielen Brekeresken Beschreibungen der Muskeln der Hauptfiguren. Immer wieder Muskeln.

  • Junichiro Tanizaki, The Makioka Sisters.

    Auch im Mai in Tokio gekauft. Besuche in Buchhandlungen sind immer Teil meiner Reisen, und Hamsterkäufe dort die Hauptart meiner Literaturbeschaffung. Der große Barnes & Nobles in New York, der Coop-Bookstore in Cambridge, City Lights, Kinokuniya in Tokio, das sind für mich Sehenswürdigkeiten, die ich immer gerne wieder besuche.

    Zum Buch: das ist eigentlich mein Liebling aus 2006. Passieren tut nicht viel: es ist die Zeit vor WW2, die Makioka-Familie, die auch schon bessere Zeiten gesehen hat, muß Yukiko, zweitjüngste Tochter, aber, Schreck, schon auf die 30 zugehend, verheiraten. Darum kümmern müssen sich, da die Eltern verstorben sind, die Schwestern, besonders die beiden älteren. Die jüngste Tochter aber will nicht mehr warten, bis sie an der Reihe ist, und lässt sich mit Männern ein, und will selbst eine Arbeit haben. Das geht so knapp 700 Seiten lang, mit viel Aufregung darum, was man wohl am Besten anzieht für den abendlichen Anlass, wie man Gäste beim Dinner plaziert, sowas. Irgendwann ist es vorbei, vielleicht geht alles gut, vielleicht auch nicht. Es bleibt jedenfalls eine tiefe Sympathie für die Figuren, und man hofft, dass es allen Makiokas gut gehen wird.

    (Dieses Buch z.B. scheint gar nicht erst auf Deutsch erhätlich zu sein momentan!)

  • Jane Smiley, 13 Ways of Looking at the Novel.

    Ein Versuch, die Kunstform ``Roman'' zu verstehen, plus, passend zum Thema hier, eine Liste von 100 Romanen, mit Kurzbeschreibungen. Nicht wirklich, um einen Kanon zu erstellen, eher etwas `blog-artig'. After 911 I found I couldn't write anymore, and so I set out to read 100 novels. Etwas geschwätzig, sicherlich alles andere als literaturwissenschaftlich streng, aber gut lesbar. Wie ein etwas längerer New Yorker-Artikel (knapp 500 Seiten...).

  • Anon, Die Bibel

    Hatte vor ein paar Monaten mal die Überlegung, dass ich dieses Buch besser kennen sollte. Habe mir dann die Buber-Rosenzweig-Übersetzung schenken lassen, die aber stellenweise zu bizarr ist. Deshalb dann als Unterstützung diese (Bibelgesellschaft, = modernisierte Luther-Übersetzung) dazugekauft. Ist aber ein recht enttäuschendes Buch: die guten, einem aus Funk- und Fernsehen vertrauten Geschichten werden nur angedeutet (Turmbau zu Babel: 20 Zeilen; Sintflut: paar Absätze), die Hauptfiguren sind durchweg unsymphatisch (Gott ein schlecht-gelaunter Choleriker, Moses ein ungerührter Mörder). Bin nicht sehr weit gekommen, heb ich mir noch auf.

  • Anon, Die fünf Bücher der Weisung (Ü.: Buber, Rosenzweig)

    s.o.

  • Anon, Das Gilgamesch-Epos (in der neuen Übersetzung von Stefan Maul)

    Teilweise gilt eine ähnliche Kritik wie oben (Stories eher unvollständig realisiert), aber insgesamt doch die packendere Geschichte: Rüpel rüpelt rum, findet gleichstarken Rüpel, befreundet sich, gemeinsam rüpeln sie rum, Freund-Rüpel stirbt, das gibt Rüpel-Rüpel zu denken, will nicht sterben, versucht Weg zur Unsterblichkeit zu errüpeln, klappt nicht, sieht ein, dass Sterblichkeit dufte ist, wird guter Hirte seines Volkes.

    Und eine tolle Übersetzung, aber leider nur mit Fussnoten ganz zu geniessen. Die Noten sind aber, wenn man's genau nimmt, End-- und nicht Fussnoten, und irgendwann war mir das Rumblättern zu anstrengend.

  • Bret Easton Ellis, Lunar Park.

    Hier jetzt ein echter Abbrecher. Nach 106 Seiten hatte ich dann wirklich keine Lust mehr auf ``Drogenentzug in der Stephen King-Gedächtsklinik''. Gleichzeitig langweilig und gruselig. Weiss gar nicht so genau, warum ich das gekauft habe, Ellis verdanke ich immerhin meine unangenehmsten Leseerfahrungen. (``Below Zero'' ist glaube ich das einzige Buch, das ich gerne nicht gelesen hätte.)

  • Ernst Gombrich, Kunst und Illusion.

    Vor einiger Zeit im Museumsladen der Gemäldegalerie gekauft. Befasst sich mit der Frage, ob es Fortschritt gibt in der Kunst, und warum es Stile gibt. "Ich habe an anderer Stelle auseinandergesetzt, warum ich das Heranziehen derartiger mythologischer Erklärungen in der Kunstgeschichte für so gefährlich halte. Indem sie uns angewöhnt, in Kollektiven zu denken und von Menschheit, Rassen, Zeitaltern usw. zu sprechen, schwächt sie unsere Widerstandskraft gegen totalitäre Denkweisen."
    Sehr angenehm zu lesen, in dem diskursiven, aber nie trivialisierendem Vorlesungs-artigen Stil, den Engländer (als solchen kann man Gombrich ruhig bezeichnen) so gut hinbekommen.

  • Yasunari Kawabata, The Old Capital

    Gehört zu der diesjährigen Tokio-Ladung. Chieko entdeckt, dass sie von ihren Eltern (wohlhabende Kimono-Schneider) adoptiert wurde, und dass sie eine (in den Bergen als Handwerkerin arbeitende) Zwillingsschwester hat. Aber auch das reicht, wie bei Tanizaki, nur zu gedämpften Dramen. Im Hintergrund--auch das spielt Anfang des letzten Jahrhunderts, der Wandel in die Moderne.

  • Donald Richie, The Japan Journals 1947-2006

    Donald Richie ist Amerikaner in Tokio, Filmkritiker, Schriftsteller. Was ich von den Tagebüchern gelesen habe bisher ist recht gut, Anfänge als Journalist für das Magazin der Besatzer, Erfahrungen beim Cruisen im Ueno-Park in den 80ern, Parties mit Familie Copolla, alles da. Er wird ein bisschen schlecht gelaunt zum Ende hin / auf seine alten Jahre, nun ja. Werde ich mal draus zitieren hier.

  • Douglas Coupland, JPod

    Microserfs update, aber Programmierer als neues Proletariat, was einst Glamour war (Cola Light in Hektolitern, unterm Tisch kurz ein Stündchen schlafen, dann kalte Pizza vor kaltem Monitorlicht) ist jetzt Ausbeutung (Cola Light in Hektolitern, unterm Tisch kurz ein Stündchen schlafen, dann kalte Pizza vor kaltem Monitorlicht). Unterhaltsam genug, aber irgendwie auch egal.

  • Vikram Chandra, Sacred Games

    Netter Bulle in Bombai jagt Superschurken. Gut zum Hindu Paschtu Sanskrit Ausländisch lernen, da fast jedes 10. Wort ein sonstwoherkommendes Schimpfwort ist. Spannend, unterhaltsam, interessant, aber irgendwie schien es mir etwas durchzuhängen auf dem letzten Drittel. Mit 900 Seiten vielleicht ein wenig länger als nötig.

  • Dietmar Dath, Dirac

    a.a.O.

  • Joan Didion, The Year of Magical Thinking

    Non-fiction. Innerhalb eines Jahres sterben Mann und Tochter. Kein gutes Jahr. Gute Beschreibung von Trauer--nehme ich an, ich bin nicht sonderlich scharf darauf, die Adaequatheit zu prüfen.

  • Yasushi Inoue, Die Eiswand

    Zwei Freunde gehen bergsteigen. Einer stürzt ab. Warum hat der andere überlebt? Fragt er sich, fragen andere sich.

    Hier wiederum gute Übersetzung. (Soll heißen, gut klingende. Die `Korrektheit' einer Übersetzung kann ich natürlich nicht beurteilen. (Und Leute, die Original und Übersetzung parallel lesen, sind sowieso seltsam. Oder Coetzee. (Dessen Essay-Sammlung besteht zur Hälfte aus Übersetzungskritiken. ("Aus Seite 523 wurde das Wort x gewählt für das Original y, was aber doch sicherlich eher z entspricht."))))

  • Jay McInerney, The Good Life

    Auch sehr reiche Leute fanden 911 total blöd.

  • Marcel Proust, Die Welt der Guermantes 2; Sodom und Gomorra 1 & 2

    M. geht weiter auf Parties. Entdeckt die Verzauberten, und was sie so treiben in Sodom und Gomorra. Gibt sich schockiert.
    Wenn ich in dem Tempo weitermache, dürfte ich 2008 fertig sein. Dann direkt nochmal von vorne.

  • Philip Roth, Everyman

    Bin zwar eigentlich Freund des Roth', aber das hier war eher langweilig. Tiraden gegen den Tod haben schon andere seiner Figuren besser hinbekommen.

  • Frank Schulz, Kolks blonde Bräute; Morbus Fonticuli

    Ist überhaupt noch jemand im Publikum? Mit geht dieser Westentaschen-Heidenreich-Ton ja schon selbst auf den Geist. Naja, ist ja, so als Internettagebuch, auch für später, für die Enkelkinder.

    Liebe Enkelkinder, dies sind lustige Bücher. Hat mir ein Mensch mit einem lustigen Pseudonym empfohlen, Parka Lewis. (`Lustiger als 'der' ja schon mal auf jeden Fall' `Nein, das versteht ihr falsch, 'der' ist kein Pseudonym im eigentlichen Sinne, sondern..') Es wird soviel getrunken, dass mir schon beim Lesen die Leber schmerzt. Aber das mit Style. Könnt ihr mal lesen, wenn euch interessiert, wie so in der (echten und mentalen) Provinz gelebt wurde, vor der Reform 2014, wo Arbeitslose dann erscho..

  • Bill Moggridge, Designing Interactions

    So, weil ich keine Lust mehr habe, lass ich die angefangenen Bücher mal weg und schließe mit einem halb-für-die-Arbeit Buch. Das hier ist ein schönes Coffeetable Buch (mit gefühlten 5 kg jedenfalls keine gute Bettlektüre), das in diesem amerikanischen, leicht atemlosen Superlativ-Stil (`and this would change the world'), der aber gut wirken kann, wenn gut gemacht, die Geschichte des Design verschiedener Interfaces (Maus, Fenster, etc.) in verschiedenen Firmen (Xerox, Apple, Palm, IDEO, etc.) erzählt. Gut lesbar, und erstaunlicherweise durchaus immer wieder neue Details in bekannt geglaubten Geschichten. Mit DVD mit Interviews der Protagonisten der Story.

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Hehe. Ich bin geschmeichelt. Wie ich gerade sehe -- nach dem obligatorischen Vanity-PDF-Durchsuchen -- habe ich es mit einem (p.c.)-Zitat in eine Veröffentlichung geschafft. Jetzt kann ich mich zur Ruhe setzen.

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Nachdem eine 20-Sekunden-Google-Suche gerade nichts ergeben hat, gebe ich hiermit der interessierten Öffentlichkeit den Schlagzeilen-Kalauer "Bundespräsident Köhler -- die außerparlamentarische Opposition" frei. (Mit Varianten wie "Von der Sparkasse zur APO" oder "Alle reden vom Wetter, wir von Reformen").

Runner up (für die internationale Ausgabe): "President Bartleby: I'd prefer not to (sign)."

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Jetzt werde ich ganz
nostalgisch. War schon irgendwie eine gute Zeit / Sache.
by der (21-05-18 23:56)
Die Kommentare habe ich
schonmal wiedergefunden.
by der (21-05-18 23:55)
DSGVO Hallo.
Gibt's ja noch. Nur die Kommentare sind weg. Und wie bekomme ich das...
by der (21-05-18 23:54)

(Heutzutage würde man sowas wohl twitpicen, aber das besitze ich leider nicht.)
by der (06-12-10 00:35)
Herzlichste Glückwünsche!
by Mama (10-06-10 09:20)
ah, jetzt erst verstanden -
gratuliere! (und falls Sie verhandeln müssen, kann ich ein...
by katatonik (05-06-10 08:08)
Naja, die 9 SWS Lehre
sollten einen schon ganz gut am Ort halten.. Aber...
by der (04-06-10 23:18)
Halb so wild. In dem
Geschäft ist man ohnehin mehr auf Achse als zu...
by micro_robert (04-06-10 15:01)
Danke. Ein wenig in der
Provinz... Eine ost-westfälische Stadt, deren Existenz gelegentlich angezweifelt wird...
by der (04-06-10 12:51)
Oh! Congrats! Wo denn,
wenn man fragen darf?
by micro_robert (04-06-10 12:28)

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