Liebes Tagebuch,

in letzter Zeit bin ich etwas vergesslich geworden. Oder vielmehr, nachlässig. Es häuft sich etwas sehr, dass ich kleinere Dinge vergesse zu tun, mitzunehmen, zur richtigen Zeit zu haben. Oder auch mittlere Dinge (Klausuren vorzubereiten, bei meetings zu sein), und auch mal große (kürzlich einen Geburtstag vergessen, den ich sicher in mehr als 30 Jahren noch nie vergessen habe). Während der Bahnfahrt nach Hause heute -- einem Tag, an dem ich bereits 4 Dinge nicht parat hatte, als ich sie brauchte -- überlegte ich ein wenig, woran das wohl liegt. Klar, an der Explosion der Zahl an Projekten, an denen ich beteiligt bin, und der dazugehörigen ständigen Reduktion der Zeithäppchen, denen ich den einzelnen Projekten widmen kann. Von außen betrachtet wird es wie ADD aussehen. Damit kommt, dass ich mich immer mehr darauf verlasse, alles möglichst schnell auf Papier zu dumpen, um das nächste Mal, wenn der Prozessor dem Projekt Zeit zuweist, weitermachen zu können. Außerdem habe ich mich wohl anscheinend dran gewöhnt, sowieso immer mehr zu tun zu haben, als ich tun kann. Dabei fällt dann einiges unsortiert durch den Rost.

Nun denn, wie ich da so rumdachte, was ich wohl tun kann, und mich mit mir auf ein noch strikteres To-Do-Listen-Management einigte (ganz garantiert nicht am Computer, sondern schön auf Papier), und dann, ob der rosigen Aussicht auf die rosige Zukunft, in der alles besser wird, beschwingt von der Tram nach Haus ging und die Tür aufschloss, fiel mir ein, dass ich heute morgen mit dem Fahrrad zum Bahnhof gefahren war. Dem, von dem aus ich gerade mit der Tram gekommen war. Da musste ich dann doch etwas lachen. (Und weinen.)