Nochmal über diese Kreditkartendurchsuchungsgeschichte nachgedacht. Ganz schön kompliziert. Klar, das riecht irgendwie fischig. Aber wieviel an dem Geruch liegt an der Formulierung?

"20 Millionen Kunden untersucht!" Kann man so sagen. Nach den bekannten Schilderungen sieht es wie folgt aus (1) es wurden alle Kunden x gesucht, für die zutrifft, dass sie eine Überweisung zu k der Höhe y getätigt haben (ich lass mal die anderen Kriterien aus).

Der Kritikpunkt vieler (z.B. hier: "Ich besitze zwei der jeweils meistverbreiteten Kreditkarten Deutschlands. Somit sind auch meine Kontendaten im Rahmen der Ermittlungen überprüft worden.") scheint nun zu sein, dass in diesem Rahmen die Datensätze aller Kunden "durchsucht" wurden (wobei auch da schon fraglich ist, was "durchsuchen" genau bedeuten soll, wenn der Durchsucher ein SQL-Modell ist).

Die Kritik so zu formulieren ist aber vielleicht ungeschickt, weil sie Details der Implementation des Suchalgorithmus behauptet, die nicht notwendig sind (soweit ich das sehe). Zu (1) äquivalent ist: (2) untersuche alle Empfänger von Transaktionen darauf, ob sie k sind und Betrag y erhalten haben, und gebe mir dann die Quellen der Überweisung. Damit wären nicht die "Daten aller Kunden" durchsuch worden. ("10 Millionen Empfänger von Kreditkartenüberweisungen untersucht worden!" .. klingt komischer.)

Oder andersrum: wenn man behauptet, dass zur Suche nach Eigenschaften alle möglichen Träger dieser Eigenschaft durchsucht werden müssen, dann müsste man auch etwas gegen die Suche der Daten eines bestimmten Trägers haben. "Beim Ausdruck des Kontoauszugs von Herrn Müller wurden 20 Millionen Kreditkartenkunden daraufhin untersucht, ob sie Herr Müller sind!"

Will sagen, nach welchem Feld in einer relationalen Datenbank nu eine Suche gemacht wird läßt sich vielleicht schlecht zur Grundlage eines rechtlichen Argumentes machen.

Was ich nicht sagen will ist, dass die Aktion notwendigerweise in Ordnung war. Nur, dass auch hier Digital kompliziert ist, und die Analogie zu "invasiveren" Methoden nur schwer greift.

So besehen mag die Kritik ungeschickt formuliert sein, und es werden wohl nicht Schnüffelhunde alle Datensätze aller Bürger einzeln überprüft und somit ausgewertet haben.

Aber könnte man nicht sagen, dass allein die Herausgabe der Daten und somit die Ermöglichung einer Durchsuchung aller Daten durch Staatsakteure zweifelhaft, verwerflich, unerhört, jedenfalls unverhältnismäßig wäre? Und dass der Unterschied zur Müllers Kontoauszugsdruck darin liegt, dass dieser Akt nur das Geschäftsverhältnis zwischen Bank und Kunde betrifft, und keine Staatsanwälte involviert waren, und dass dieser Akt eben als Teil dieser Beziehung definiert ist, möglicherweise auch durch Intentionen?

Will sagen: Formal kein Unterschied, aber in der Pragmatik, im Erlaubtsein, naja, Sie wissen schon.

(Überlege: "Wir überprüfen alle Bürger darauf, ob sie Schweine sind" vs. "Wir suchen das Schwein unter unseren Bürgern". Wahrscheinlich äquivalent, solange eine Bezugsmenge da ist.)